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XR verstehen - Grundlagen & Orientierung

Was ist XR und warum sollte man es in der Bildung verwenden?

XR-Technologien (Extended Reality), wie Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR), bereichern den Unterricht durch immersive Lernumgebungen, die traditionelle Methoden erweitern oder sogar ersetzen können. In solch virtuellen Szenarien können Lernende Inhalte intensiver erfahren und komplexe Zusammenhänge unmittelbar erleben. Damit diese Potenziale jedoch voll ausgeschöpft werden, sind gezielte didaktische Überlegungen unabdingbar. Lehrende müssen nicht nur die technische Handhabung beherrschen, sondern auch passende Unterrichtsszenarien entwickeln, die den Lernerfolg der Schüler*innen  in den Fokus stellen.

Damit der XR-Compass Sie erfolgreich durch diese Überlegungen leiten kann,  können Sie sich durch folgende Fragen klicken, um Ihr Vorwissen zu erweitern:

Was sind die Unterschiede zwischen Extended Reality (XR), Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR)?

Extended Reality (XR)

Extended Reality (XR) ist ein Oberbegriff, der Technologien umfasst, die die Grenzen zwischen dem Realen und dem Virtuellen verschmelzen oder erweitern. Dazu gehören Augmented Reality (AR), Augmented Virtuality (AV) und Virtual Reality (VR). Diese Formen von XR können entlang eines Spektrums positioniert werden, das als Kontinuum zwischen Realität und Virtualität bekannt ist und erstmals 1994 von Milgram und Kishino vorgestellt wurde. Dieses Kontinuum hilft dabei, die Unterschiede zwischen diesen Technologien zu konzeptualisieren, die auf dem Grad der Integration virtueller Elemente in die Erfahrung des Benutzers beruhen.

Am einen Ende des Kontinuums liegt die reale Welt, die keine virtuellen Erweiterungen enthält. Im weiteren Verlauf des Spektrums verschmelzen virtuelle Elemente zunehmend mit der Realität oder ersetzen sie, was zu verschiedenen Arten von XR-Erlebnissen führt. Wenn Sie diese Unterschiede verstehen, können Sie entscheiden, welche Technologie am besten zu Ihren Lehrzielen passt.

Augmented Reality (AR)

Augmented Reality (AR) ist der erste Schritt zu XR und beinhaltet die Überlagerung von digitalen Elementen mit der physischen Welt. Dies wird in der Regel durch Geräte wie Tablets, Smartphones oder intelligente Brillen erreicht, die digitale Informationen zu dem hinzufügen, was die Nutzenden bereits sehen. Bei AR steht die reale Welt weiterhin im Mittelpunkt, aber virtuelle Inhalte erweitern das Erlebnis der Nutzenden, indem sie zusätzliche Informationsebenen hinzufügen. AR kann zum Beispiel verwendet werden, um im naturwissenschaftlichen Unterricht interaktive Diagramme anzuzeigen oder bei einem Ausflug zu historischen Sehenswürdigkeiten digitale Anmerkungen zu liefern. Im Gegensatz zu VR ermöglicht AR den Schüler*innen Live-Daten wie Wettermuster oder Echtzeit-Maschinenbetrieb beobachten müssen, während sie in einer vollständig virtuellen Umgebung interagieren. Obwohl AV derzeit weniger verbreitet ist als AR, bietet ihre Fähigkeit, reale Daten in virtuelle Räume zu integrieren, einzigartige Bildungsmöglichkeiten, insbesondere in komplexen Simulationen oder Schulungsumgebungen.

Virtual Reality (VR)

Am anderen Ende des Spektrums steht die virtuelle Realität (VR), bei der die Nutzenden vollständig in eine computergenerierte Umgebung eintauchen. VR-Erlebnisse beruhen auf kopfgetragenen Displays (HMDs), die mit Bildschirmen und Lautsprechern ausgestattet sind, die die Sicht und die Geräusche der realen Welt der Nutzenden ersetzen und ein vollständiges Eintauchen ermöglichen. Sobald das HMD aufgesetzt ist, ist der Benutzer vollständig von seiner physischen Umgebung isoliert und kann ohne Ablenkung virtuelle Welten erkunden und mit ihnen interagieren. VR eignet sich besonders gut für Unterrichtseinheiten, die volle Konzentration erfordern, oder für Erfahrungen, die im Klassenraum nicht möglich sind, wie z. B. die Erkundung alter Zivilisationen, die Simulation gefährlicher Umgebungen oder die Visualisierung komplexer wissenschaftlicher Konzepte.

Was für Arten von XR Hardware gibt es und was macht sie aus?

Jedes HMD (Head-Mounted Display) bringt eigene Vor- und Nachteile mit

Es gibt verschiedene Marken von HMDs, wie Meta Quest 3, Pico Neo 3, Apple Vision Pro und VIVE Focus Vision. Diese Geräte werden in der Regel mit Controllern geliefert, die die Bewegungen der Hand verfolgen und mit verschiedenen Arten von Tasten zur Interaktion mit der virtuellen Welt ausgestattet sind. Die meisten Controller verfügen über Joysticks, die sich in acht Richtungen bewegen lassen und so eine reibungslose Navigation in virtuellen Räumen ermöglichen. Außerdem verfügen sie über Standardtasten für die Auswahl von Objekten, Aktionstasten für die Ausführung bestimmter Aufgaben und Auslösetasten auf der Rückseite, die häufig zum Greifen oder Manipulieren virtueller Objekte verwendet werden. Einige fortschrittliche Controller verfügen sogar über druckempfindliche Tasten, die auf unterschiedliche Krafteinwirkungen reagieren und so eine differenziertere Interaktion ermöglichen.

Um das Gefühl der Immersion zu verstärken, können zusätzliche Technologien zusammen mit HMDs verwendet werden.

Haptische Handschuhe bieten beispielsweise ein realistisches taktiles Feedback, so dass sich virtuelle Objekte solide anfühlen und berührbar sind.Gehpads simulieren Gehbewegungen, so dass sich die Benutzer durch virtuelle Landschaften bewegen können, ohne sich in der realen Welt zu bewegen.Es gibt auch Duftspender, die Gerüche freisetzen, die mit der virtuellen Umgebung korrespondieren und das sensorische Erlebnis weiter bereichern.Diese Technologien sind aufgrund ihrer hohen Kosten noch nicht Standard in Bildungseinrichtungen, aber sie zeigen das Potenzial von VR für die Schaffung von vollständig immersiven Lernerfahrungen.

Wofür ist VR besser geeignet und wofür ist AR besser geeignet?

Jede Art von XR bietet je nach Lernszenario einzigartige Möglichkeiten.

AR kann effektiv eingesetzt werden, wenn Schüler*innen miteinander oder mit der physischen Welt interagieren müssen, während sie auf digitale Informationen zugreifen. VR hingegen eignet sich am besten für Szenarien, die vollständiges Eintauchen und Konzentration erfordern. AV wird zwar seltener eingesetzt, schließt aber die Lücke zwischen AR und VR, indem es Elemente der realen Welt in virtuelle Räume bringt und Möglichkeiten für komplexe Simulationen und Datenvisualisierung bietet.

Die Wahl der richtigen Technologie hängt von den Bildungszielen und den spezifischen Bedürfnissen Ihrer Schüler*innen ab.

AR ist besonders nützlich für kollaborative Aktivitäten und Lektionen, die von kontextbezogenen Informationen profitieren, die über die reale Welt gelegt werden, wie z. B. historische Touren oder interaktive wissenschaftliche Experimente.

VR ist ideal für immersive Simulationen, virtuelle Exkursionen oder komplexe Visualisierungen, die volle Konzentration und Engagement erfordern. AV bietet eine Mischung aus realen und virtuellen Elementen und eignet sich daher für dynamische Simulationen oder Schulungsumgebungen, die eine Datenintegration in Echtzeit erfordern.

Welche physischen und psychologischen Auswirkungen kann XR haben?

Während XR-Technologien unglaubliche Möglichkeiten für immersive Lernerfahrungen bieten, stellen sie auch physische und psychische Herausforderungen dar, die Lehrende berücksichtigen müssen. Nachfolgend skizzieren wir einige der wichtigsten Herausforderungen und geben praktische Tipps zur Bewältigung dieser Probleme.

Physische Auswirkungen und Herausforderungen

Brillenträger*innen

Viele XR-Headsets sind für Brillenträger*innen geeignet, aber nicht alle Modelle sind für längere Nutzungszeiten bequem oder praktikabel. Achten Sie darauf, dass die gewählten Headsets über verstellbare Funktionen verfügen, um über Brillen getragen zu werden. Alternativ können Korrekturlinsen-Einsätze, die mit bestimmten Headsets kompatibel sind, den Komfort verbessern. Stellen Sie Reinigungsmaterialien bereit, um sowohl Brillen als auch Linsen während der Nutzung frei von Flecken zu halten. Auch Einweg-Abstandshalter können hilfreich sein.

Epilepsie

Einige XR-Inhalte enthalten schnell blinkende Lichter oder Muster, die bei Personen mit photosensitiver Epilepsie Anfälle auslösen können. Fügen Sie stets eine deutliche Epilepsie-Warnung bei allen XR-Aktivitäten hinzu und ermutigen Sie betroffene Schüler*innen :innen, die Inhalte im Voraus zu prüfen. Wo möglich, sollten zertifizierte Inhalte verwendet werden, die als sicher für Menschen mit Epilepsie gelten.

Schwindel / Motion Sickness

Motion Sickness (auch Seekrankheit) ist ein häufiges Problem in der virtuellen Realität, da es zu einer Diskrepanz zwischen visueller Wahrnehmung und körperlicher Bewegung kommt. Um diese Auswirkungen zu minimieren, sollten qualitativ hochwertige Headsets mit geringer Latenz sowie Inhalte mit wenigen abrupten oder schnellen Bewegungen gewählt werden. Ermutigen Sie die Nutzer*innen zu regelmäßigen Pausen und bieten Sie Alternativen für Schüler*innen an, die besonders empfindlich auf Bewegung reagieren. Gerade für Anfänger kann es hilfreich sein, in Dreiergruppen pro VR-Headset zu arbeiten, um häufige Wechsel zu ermöglichen.

Uncanny-Valley-Effekt

Der sogenannte „Uncanny-Valley“-Effekt beschreibt das Unbehagen, das manche Personen empfinden, wenn sie mit Avataren oder virtuellen Umgebungen interagieren, die fast, aber nicht ganz menschlich wirken. Dies kann das Lernerlebnis beeinträchtigen. Um dem entgegenzuwirken, sollten Inhalte mit gut gestalteten, stilisierten Grafiken statt hyperrealistischer Darstellungen gewählt werden, die als befremdlich empfunden werden könnten.

Allgemeine Sicherheitshinweise

XR-Erfahrungen erfordern oft körperliche Bewegung, was in beengten Räumen zu Unfällen führen kann. Stellen Sie sicher, dass der Raum frei von Hindernissen ist und dass genügend Platz für eine sichere Bewegung zur Verfügung steht. Legen Sie klare Regeln für das Verhalten während der Nutzung von XR fest, z. B. das Einhalten markierter Bereiche, das Entfernen loser Gegenstände und die Nutzung von Handgelenksschlaufen für Controller. Eine Aufsichtsperson während der XR-Aktivitäten ist unerlässlich, um mögliche Probleme sofort zu beheben.

Besonders bei der Nutzung von VR ist Vorsicht bezüglich physischer Auswirkungen geboten. Allerdings ist besonders Motion Sickness auch eine Frage der Übung. Viele der Effekte gehen nach mehrfacher Nutzung von VR zurück. Es gibt jedoch Schüler*innen, die VR aufgrund der Auswirkungen gar nicht nutzen können. Für diesen Fall muss eine Alternative vorbereitet werden.

Psychische Auswirkungen und Herausforderungen

Kognitive Überlastung: Zu viele Informationen auf einmal

XR-Umgebungen enthalten oft sehr detaillierte visuelle Darstellungen, interaktive Elemente und zahlreiche Stimuli. Dies fördert zwar den Realismus und das Engagement, kann aber auch zu einer kognitiven Überlastung führen, bei der die Schüler*innen Schwierigkeiten haben, zu viele Informationen gleichzeitig zu verarbeiten. Nach dem Cognitive Affective Model of Immersive Learning (CAMIL) (Makransky & Petersen, 2021) verbessert eine Verringerung der kognitiven Belastung die Fähigkeit der Lernenden, Wissen effektiv zu behalten und anzuwenden.

Möglichkeiten für Lehrende:
✔ Beginnen Sie mit kurzen, geführten XR-Erfahrungen, bevor Sie zu komplexeren Erfahrungen übergehen.
✔ Geben Sie klare Anweisungen und Ziele, bevor die Schüler*innen eine XR-Aktivität beginnen.
✔ Verwenden Sie Hilfsmittel (z. B. Hinweise oder schrittweise Aufgaben), um den Schüler*innen in die virtuelle Welt eintauchen. Danach hilft ihnen eine geführte Diskussion, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und sie mit dem Gelernten zu verknüpfen.

Emotionale Belastung: Zu viel Präsenz kann überwältigend sein

Eine der Stärken von XR ist die Fähigkeit, ein Gefühl der Präsenz zu erzeugen – die Schüler haben das Gefühl, sich wirklich in einer virtuellen Umgebung zu befinden. Für manche kann dies jedoch emotional überwältigend sein oder sogar Unbehagen hervorrufen. Schnelle Bewegungen, intensive Simulationen oder sehr eindringliche Erzählungen können zu Stress, Schwindel oder Reisekrankheit führen.

Möglichkeiten für Lehrende:
✔ Führen Sie XR schrittweise ein, damit sich die Schüler*innen an die Erfahrung gewöhnen können.
✔ Beobachten Sie die Reaktionen der Schüler*innen und bieten Sie Alternativen für diejenigen, die sich unwohl fühlen.
✔ Vermeiden Sie übermäßige Bewegungen in der VR, besonders für Anfänger.
✔ Wählen Sie Inhalte, die für die Schüler*innen emotional angemessen sind.

Beispiel: Ein Lehrer, der VR für Umweltwissenschaften einsetzt, beginnt mit einem einfachen 360-Grad-Video eines Unterwasser-Ökosystems, bevor er zu einer interaktiven Simulation übergeht. Diese schrittweise Einführung trägt dazu bei, dass sich die Schüler wohlfühlen und das Engagement erhalten bleibt.

Selbstregulierung und Auswirkungen auf das Verhalten

XR-Erfahrungen erfordern oft eine eigenständige Erkundung, was zu Ablenkung oder Schwierigkeiten beim Übergang zu traditionellen Lernaufgaben führen kann. Einige Schüler*innen können zu sehr in die Erfahrung eintauchen, während andere Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren.

Möglichkeiten für Lehrende:
✔ Legen Sie Zeitlimits für XR-Sitzungen fest und sorgen Sie für reibungslose Übergänge zurück zum regulären Unterricht.
✔ Verwenden Sie strukturierte Aufgaben innerhalb von XR (z. B. „Finde drei wichtige Fakten in der Simulation“ oder „Erledige diese virtuelle Aufgabe, bevor du weitergehst“).
✔ Fördern Sie Diskussionen nach den Aktivitäten, in denen die Schüler*innen über das Gelernte nachdenken.
✔ Fördern Sie die Fähigkeiten zur digitalen Selbstregulierung, indem Sie den verantwortungsvollen Umgang mit XR besprechen.

Beispiel: Nach einer virtuellen Exkursion zum Mars füllen die Schüler*innen ein Arbeitsblatt aus oder diskutieren in kleinen Gruppen über das, was sie beobachtet haben. Dies hält sie bei der Stange und verstärkt das Lernen.

Das Verständnis und der Umgang mit psychologischen Effekten in XR-Lernumgebungen hilft Lehrpersonen, sichere, ansprechende und effektive Erfahrungen zu schaffen. Durch die Steuerung der kognitiven Belastung, der emotionalen Intensität und der Selbstregulierung können Lehrende sicherstellen, dass XR ein leistungsfähiges Instrument zur Verbesserung der Bildung und nicht eine überwältigende Ablenkung ist. Ein gut strukturierter Ansatz mit schrittweiser Einführung, klarer Anleitung und aufmerksamer Nachbesprechung wird die Schüler*innen dabei unterstützen, das Beste aus dem XR-Lernen herauszuholen.

Quelle

Makransky, G., & Petersen, G. B. (2021). The cognitive affective model of immersive learning (CAMIL): A theoretical research-based model of learning in immersive virtual reality. Educational Psychology Review, 33(3), 937–958. https://doi.org/10.1007/s10648-020-09586-2 .

Welche ethischen Aspekte gibt es zu bedenken?

XR-Technologien bieten immersive Lernerfahrungen, werfen aber auch ethische Fragen auf, mit denen sich Pädagog*innen auseinandersetzen müssen, um eine sichere, verantwortungsvolle und faire Nutzung im Unterricht zu gewährleisten. Zu den wichtigsten Fragen gehören der Datenschutz, das digitale Wohlbefinden, die Angemessenheit von Inhalten und das Verhalten von Schüler*innen (und Eltern) darüber, wie ihre Daten gesammelt und verwendet werden.

Datenschutz und Sicherheit

XR-Anwendungen können personenbezogene Daten sammeln, darunter Schülerinteraktionen, biometrische Informationen (Blickverlauf, Gesten) und Lernverhalten. Die Lehrkräfte müssen sicherstellen, dass die Datenschutzbestimmungen wie die GDPR eingehalten werden.

Möglichkeiten für Lehrende:

✔ Prüfen Sie die Datenschutzrichtlinien, bevor Sie XR-Tools verwenden.
✔ Wählen Sie GDPR-konforme Plattformen und vermeiden Sie Apps, die persönliche Schülerkonten erfordern.
✔ Informieren Sie Schüler (und Eltern) darüber, wie ihre Daten gesammelt und verwendet werden.

Beispiel: Ein Lehrperson wählt eine VR-Geschichtssimulation aus, die das Engagement der Klasse verfolgt, aber keine persönlichen Schülerdaten speichert.

Digitales Wohlbefinden

Eine ausgedehnte XR-Nutzung kann zu körperlicher Belastung (z. B. Ermüdung der Augen, Reisekrankheit) und psychischem Stress führen. Lehrperson sollten einen gesunden Umgang mit XR sicherstellen.

Möglichkeiten für Lehrende:

✔ Begrenzen Sie die Dauer der Sitzungen (z. B. 20-30 Minuten).
✔ Sorgen Sie für Pausen und alternative Lernaktivitäten.
✔ Ermutigen Sie zu Diskussionen über den verantwortungsvollen und achtsamen Umgang mit XR.

Beispiel: In einer AR-Anatomiestunde wechseln die Schüler zwischen digitalen Modellen und körperlichen Aktivitäten, um die Ermüdung durch den Bildschirm zu verringern.

Angemessenheit des Inhalts und Bewusstsein für Vorurteile

Da XR-Umgebungen reale Szenarien simulieren, müssen Pädagog*innen sicherstellen, dass die Inhalte altersgerecht, kulturell sensibel und frei von Vorurteilen sind. Einige XR-Anwendungen können unbeabsichtigt Stereotypen verstärken oder die Schüler*innen mit verstörenden Inhalten konfrontieren.

Möglichkeiten für Lehrende:

✔ Prüfen Sie alle XR-Inhalte vor der Verwendung im Klassenraum.
✔ Verwenden Sie vielfältige und integrative XR-Lernmaterialien.
✔ Diskutieren Sie Vorurteile und Perspektiven in digitalen Simulationen.

✔ Stellen Sie sicher, dass die Simulationen historische oder wissenschaftliche Realitäten korrekt wiedergeben.

Beispiel: Vor einer VR-Lektion über alte Zivilisationen prüft die Lehrkraft den Inhalt auf Genauigkeit und kulturelle Darstellung.

Studentisches Verhalten und digitale Ethik

In XR-Umgebungen interagieren die Schüler*innen mit Avataren, Gesten und Voice-Chat, was zu unangemessenem Verhalten, Cybermobbing oder ethischen Dilemmas bezüglich der digitalen Identität führen kann. LehrpersonInnen müssen klare Verhaltenserwartungen aufstellen, um einen respektvollen Lernraum zu erhalten.

Möglichkeiten für Lehrende:

✔ Legen Sie klare XR-Interaktionsregeln fest (z. B. Respektierung des persönlichen Raums).
✔ Diskutieren Sie über die verantwortungsvolle Wahl des Avatars und das digitale Verhalten.
✔ Fördern Sie eine positive digitale Bürgerschaft – erinnern Sie die Schüler*innen daran, dass virtuelle Handlungen Konsequenzen in der realen Welt haben.
✔ Überwachen Sie Interaktionen und geben Sie strukturierte Anleitung bei der Nutzung von XR-Multiplayer-Anwendungen.
Beispiel:In einem VR-Kollaborationsprojekt üben die Schüler*innen respektvolle Kommunikation, während der Lehrperson die Interaktionen überwacht.

Schlussfolgerung:
Die Berücksichtigung ethischer Aspekte im XR-Unterricht gewährleistet, dass die Technologie sicher, verantwortungsbewusst und inklusiv genutzt wird.Durch den proaktiven Umgang mit dem Datenschutz, dem Wohlbefinden der Schüler*innen, der Integrität der Inhalte und dem digitalen Verhalten schaffen Pädagog*innen eine positive und ethische Lernumgebung. Wenn sie mit Bedacht eingesetzt werden, können XR-Technologien das Lernen verbessern und gleichzeitig die digitale Verantwortung und das ethische Bewusstsein fördern – Fähigkeiten, die für die nächste Generation von Lernenden unerlässlich sind.

Wie kann XR Lehrende dabei unterstützen, Diversität und Inklusion in den Unterricht zu integrieren?

Die bewusste Umsetzung von Diversität in XR durch Lehrkräfte führt zu ansprechenderen, realitätsnäheren und inklusiveren Lernumgebungen. Dieser Ansatz bereichert nicht nur das Bildungserlebnis, sondern trägt auch zu einer empathischeren und verständnisvolleren Gesellschaft bei. Mit der stetigen Weiterentwicklung von XR-Technologien ist es für Lehrkräfte essenziell, Vielfalt und Inklusion in den Vordergrund zu stellen, um sicherzustellen, dass virtuelle Lernräume die reiche Bandbreite menschlicher Erfahrungen widerspiegeln und würdigen.

Virtuelle Verkörperung und kulturelle Vielfalt

XR ermöglicht Schüler*innen, in verschiedene Identitäten zu schlüpfen und so Empathie zu entwickeln. Dies eignet sich besonders gut für das Lehren kultureller Vielfalt, historischer Perspektiven und komplexer gesellschaftlicher Themen.

Guidelines für Lehrende:

  • Lehrende könnten virtuelle Exkursionen zu verschiedenen Kulturen und sozioökonomischen Lebenswelten durchführen.
  • Sie könnten interaktive historische Nachstellungen nutzen, um Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu präsentieren.
  • Lehrende könnten globale Gemeinschaftsprojekte initiieren, um interkulturelle Zusammenarbeit zu fördern.

Beispiel: Im Projekt “Kulturelle Fenster” könnten Schüler*innen virtuelle Reisen unternehmen, um verschiedene Kulturen zu erkunden und ihr interkulturelles Verständnis zu vertiefen.

Anpassbare Lernumgebungen und individuelle Bedürfnisse

XR bietet die Möglichkeit, Lernumgebungen an unterschiedliche Lernstile und Bedürfnisse anzupassen. Dies erlaubt es Lehrkräften, individuelle Anforderungen effektiv zu berücksichtigen.

Guidelines für Lehrende:

  • Lehrende könnten mehrsprachige Optionen oder Gebärdensprache in XR-Anwendungen integrieren.
  • Sie könnten Barrierefreiheitsfunktionen nutzen, um Schüler*innen mit unterschiedlichen Behinderungen einzubeziehen.
  • Lehrende könnten personalisierte Lernwege entwickeln, die den kulturellen Hintergrund und individuellen Lernstil berücksichtigen.

Beispiel: In einer virtuellen Chemie-Experimentierphase könnten Schüler*innen in einem digitalen Reflexionsraum ihre Vorgehensweise analysieren und Verbesserungsstrategien entwickeln, wobei die Umgebung an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst ist.

Sichere Räume und globale Perspektiven

XR-Umgebungen bieten geschützte Räume, in denen sich marginalisierte Schüler*innen sicher ausdrücken können. Zudem ermöglichen sie globale Perspektiven und fördern ein “weltbürgerliches” Denken.

Guidelines für Lehrende:

  • Lehrende könnten sichere virtuelle Räume schaffen, in denen Schüler*innen offen diskutieren können.
  • Sie könnten XR-Plattformen für internationale Kollaborationen nutzen.
  • Lehrende könnten virtuelle Debatten zu globalen Themen organisieren.

Beispiel: In einer virtuellen Umgebung könnten Schüler*innen als Avatare alltägliche Situationen in einem fremdsprachigen Land durchspielen und dabei sowohl sprachliche als auch kulturelle Herausforderungen meistern.

Quellen

Demokratiezentrum Wien. (2024). ReX – Reflecting XR for a diversity-sensitive higher education. https://www.demokratiezentrum.org/forschung/projekte/aktuelle-projekte/rex-reflecting-xr-for-a-diversity-sensitive-higher-education/

Stiefelbauer, C., & Ghonheim, A. (2024). XR in der Lehre: Erfahrungen aus drei Projekten an der WU Wien. e-teaching.org. https://www.e-teaching.org/praxis/erfahrungsberichte/xr-in-der-lehre-erfahrungen-aus-drei-projekten-an-der-wu-wien

Wie unterstützt eine inklusive Haltung den fairen und barrierefreien Einsatz von XR in Bildungskontexten?

Moderne XR-Technologien können Lernräume neu gestalten, Inhalte emotional erlebbar machen und individuelles Lernen fördern. Eine inklusive Haltung ist die Voraussetzung dafür, Exklusionsmechanismen zu vermeiden und Teilhabe zu ermöglichen. Sie sichert die ethische Fundierung technologischer Innovationen im Bildungsbereich und stellt sicher, dass Diversität von Anfang an mitgedacht wird.

Eine inklusive Haltung ist der ethische Kompass für die Entwicklung und den Einsatz von XR-Technologien im Bildungsbereich. Sie erfordert, Vielfalt als Ressource zu verstehen, Exklusion aktiv zu vermeiden und Partizipation strukturell zu verankern. Wenn XR aus dieser Perspektive gedacht wird, kann es nicht nur didaktisch bereichern, sondern auch gesellschaftlich transformativ wirken.

Inklusive Haltung – Grundlagen und Bedeutung

Eine inklusive Haltung versteht Vielfalt als Normalfall und orientiert sich an den Menschenrechten – insbesondere am Recht auf Bildung, Partizipation und Selbstbestimmung für alle (Depuis et al., 2017). Diese Haltung ist Ausdruck eines prozessorientierten Denkens, wie es Booth und Ainscow (2002) formulieren: Inklusion ist ein „nie abgeschlossener Prozess“, der kontinuierliche Reflexion, Lernbereitschaft und strukturelle Veränderung erfordert.

Im Bildungsbereich zeigt sich diese Haltung z. B. in der Abkehr von der Defizitorientierung, hin zu einem ressourcenorientierten Umgang mit Heterogenität. Das bedeutet, Bildungsangebote werden so gestaltet, dass sie die Unterschiedlichkeit der Lernenden nicht als Problem, sondern als Potenzial begreifen (Nifbe, 2019).

XR-Technologien als Werkzeuge für inklusive Gestaltung

XR-Technologien können, wenn sie bewusst und inklusiv konzipiert werden, unterschiedliche Bedürfnisse berücksichtigen und neue Formen des Lernens und Erlebens ermöglichen. Dabei sind folgende Prinzipien zentral:

  • Partizipatives Design
    Menschen mit Behinderung, mit Migrationsbiografie oder aus anderen marginalisierten Gruppen sollten von Anfang an in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Dadurch können Barrieren frühzeitig erkannt und vermieden werden (BMASGK, 2019).
  • Multisensorische Interaktion
    XR-Anwendungen sollten verschiedene Zugangsformen bieten – etwa Sprachsteuerung, haptisches Feedback oder visuelle Anpassungsmöglichkeiten. Damit wird auch Personen mit sensorischen oder motorischen Einschränkungen die Teilhabe ermöglicht (Feyerer, 2013).
  • Kulturelle Vielfalt und Repräsentation
    Avatare und virtuelle Szenarien müssen Diversität authentisch abbilden. Es gilt, eurozentrische Narrative zu vermeiden und unterschiedliche Identitäten sichtbar und positiv darzustellen (Depuis, 2017).

Herausforderungen und Lösungsstrategien

Obwohl XR großes Potenzial für inklusive Bildung bietet, zeigen aktuelle Studien, dass viele Anwendungen normative Annahmen über Körper, Sprache oder Kultur reproduzieren (Nifbe, 2019). Hier liegt ein strukturelles Problem: Technologien werden häufig von homogenen Entwicklerteams gestaltet, ohne die Perspektiven der Betroffenen einzubeziehen.

Ein wirksames Instrument zur Reflexion ist der „Index für Inklusion“ von Booth und Ainscow (2002), der ursprünglich für Schulen entwickelt wurde, sich aber auch auf technologische Kontexte übertragen lässt. Damit können etwa die Barrierefreiheit, die kulturelle Repräsentation und die soziale Dimension digitaler Lernumgebungen systematisch überprüft werden.